Gerade einmal 0,44 Prozent der Staatsausgaben gingen im Jahr 2022 auf das Konto der Kultur. Zu wenig, kritisieren die Kantonsräte Martin Sailer (SP) und Mike Sarbach (Grüne) in ihrer im September 23 eingereichten Motion. Der Betrag werde dem geografisch komplexen Kanton und dem vielfältigen Kulturgeschehen in Stadt und Land nicht gerecht. St.Gallen brauche mindestens ein Kulturprozent.
Die Regierung will von einem entsprechenden Gesetz aber nichts wissen und beantragt dem Kantonsrat Nichteintreten. Für die igKultur Ost verdient das Thema zumindest eine ernsthafte Diskussion. Sie beantragt deshalb: «Eintreten!» Dies aus mehreren Gründen.
Zum einen herrschen im Kultursektor noch immer weitherum prekäre Einkommensverhältnisse und fehlt es an genügender sozialer Absicherung. Die Pandemie hat diese Situation schonungslos offengelegt, Verbesserungen lassen aber weiterhin auf sich warten. Zum zweiten hofft eine Reihe neuerer Institutionen bisher vergeblich auf Leitungsvereinbarungen mit dem Kanton. Und wichtige Bereiche wie Kunst am Bau bleiben aus Spargründen oft aussen vor.
Ein weiterer, ordnungspolitisch zwiespältiger Punkt ist, dass namhafte Kulturengagements aus dem Lotteriefonds statt aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Und selbst wenn man die Lotteriemillionen dazurechnet, bleibt der Kantons St.Gallen unter einem Prozent.
Schliesslich fehlt es dem Kanton an einem Polster für kulturelle Visionen – anders als etwa im Nachbarkanton Thurgau, der sich mit einer ganzen Reihe von kulturellen Leuchtturmprojekten beschäftigt. Dabei sind Investitionen in die Kultur nicht nur für den inneren Zusammenhalt des Kantons und seiner Bevölkerung zentral, sondern auch volkswirtschaftlich lohnend.
Dass der Kultursektor finanziell unterdotiert ist, gesteht immerhin auch die Regierung zu.
Sie verspricht Beitragserhöhungen von rund einer halben Million Franken im Finanzplan 2025-2027.
Die igKultur Ost begrüsst diese Absicht lebhaft, ist jedoch skeptisch, ob die versprochenen
Angebotserweiterungen in künftigen Budgetprozessen dann auch tatsächlich Realität werden.
Aus diesem Grund wehrt sich die igKultur Ost gegen eine stillschweigende «Entsorgung» der Motion Sailer/Sarbach und hofft auf eine engagierte Kulturdiskussion im Parlament. An die Fraktionen geht deshalb der Appell: Eintreten!
Die Motion ist über das Ratsinformationssystem des Kantonsrates St.Gallen einsehbar.
Weiteres zum Thema: 04.10.2024 Hundertprozentiges Ja! Ein Kulturprozent im Kanton St.Gallen