Mit einer Motion wollen die Kantonsräte Martin Sailer (SP) und Michael Sarbach (Grüne) dies ändern. Der heutige Betrag sei «für den geografisch komplexen Kanton zu wenig und wird der vielfältigen Kultur in den Städten und auf dem Land nicht gerecht», schreiben sie. «Es herrscht Nachholbedarf in verschiedenen Belangen.» Namentlich nennt die Motion die vielfach prekären Arbeitsbedingungen, den Mangel an Sozialleistungen oder Altersvorsorge, tiefe Löhne, tiefe Gagen. Aber auch für Kunst am Bau oder für «visionäre kulturelle Grossprojekte, welche über den Kanton ausstrahlen», fehle im Kanton das Geld.
Die igKultur Ost unterstützt das Anliegen. Ein kantonales Kulturprozent bietet die Chance, als Kanton mitzuhalten im gesellschaftlichen Umbruch.
Zum einen ist die Stossrichtung grundsätzlich: Der Kultur kommt in jedem Wandel eine wichtige Rolle zu. Sie ist Innovationsmotor, Experimentierfeld, Vorreiterin und Identitätsstifterin. Und: Die gesellschaftliche Relevanz von Kultur war noch nie so hoch wie hier und jetzt. Die sogenannten Gigathemen, wie Digitalisierung, Diversität und auch die Klimakrise, fordern unsere Zukunftsfähigkeit heraus. Für diese gesteigerten Anforderungen sind zusätzliche Mittel unumgänglich. Kulturinstitutionen wie Kulturschaffende benötigen Ressourcen für die Qualifizierung kultureller Infrastruktur in Richtung Transformationskompetenz.
Zum andern geht es, wie in der Motion genannt, ganz konkret um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende. Ihre wichtige gesellschaftliche Rolle können Kulturschaffende nur ausüben, wenn das Geld fürs Leben und Arbeiten reicht. Heute wird an Projekte und an Kulturinstitutionen zu Recht der Anspruch gestellt, branchenübliche Honorare und die soziale Absicherung zu gewährleisten. Diese notwendige Besserstellung ist nicht gratis zu haben.
Ein Kulturprozent, wie es die Motion fordert, ermöglicht also nicht primär mehr Inhalte, sondern stärkt die Resilienz des Kultursektors und schafft die Voraussetzungen, dass er seine vielfältigen gesellschaftlichen Aufgaben mit voller Kraft wahrnehmen kann.
Das lohnt sich auch gesamtwirtschaftlich. Denn jeder Franken, der in den Kultursektor investiert wird, erzeugt direkt, über Sekundär- und Spillover-Effekte eine Wertschöpfung von zwei oder mehr Franken. Der Kultursektor erwirtschaftet über 2 % des BIP der Schweiz, schafft Arbeitsplätze und hat darüber hinaus eine grundlegende Bedeutung für die Entwicklung des Individuums und für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Gemäss jüngsten Informationen gibt der Kanton St.Gallen in den nächsten Jahren 254 Millionen Franken allein für eine neue Steuer-IT aus. Und er leistet sich ein millionenschweres Planungsdebakel für den neuen Uni-Campus. Mit einer Milliarde Eigenkapital steht der Kanton finanziell kerngesund da. Bei den Kulturausgaben pro Kopf der Bevölkerung findet er sich hingegen im letzten Drittel der Schweizer Kantone.
Die igKultur Ost ist überzeugt: Mehr kultureller Ehrgeiz stände St.Gallen (und übrigens auch den anderen Ostschweizer Kantonen) gut an. Ein Kulturprozent wäre ein starkes Signal an die Kulturschaffenden, an die Bevölkerung und an die Restschweiz.