Kulturpolitik
04.10.23

Hundertprozentiges Ja! Ein Kulturprozent im Kanton St.Gallen

Der Kanton St.Gallen versteht sich als Kulturkanton. Aber er gibt im ordentlichen Haushalt nicht einmal ein halbes Prozent seines Gesamtaufwands für die Kultur aus. Sogar inklusive Lotteriefonds wendet er weniger als 1 % auf.

Mit einer Mo­ti­on wol­len die Kan­tons­räte Mar­tin Sai­ler (SP) und Mi­cha­el Sa­r­bach (Grü­ne) dies än­dern. Der heu­ti­ge Be­trag sei «für den geo­gra­fisch kom­ple­xen Kan­ton zu wenig und wird der viel­fäl­ti­gen Kul­tur in den Städ­ten und auf dem Land nicht ge­recht», schrei­ben sie. «Es herrscht Nach­hol­be­da­rf in ver­schie­de­nen Be­lan­gen.» Na­ment­lich nennt die Mo­ti­on die viel­fach pre­kären Ar­beits­be­din­gun­gen, den Man­gel an So­zi­al­leis­tun­gen oder Al­ters­vor­sor­ge, tiefe Löh­ne, tiefe Gagen. Aber auch für Kunst am Bau oder für «vi­si­o­nä­re kul­tu­rel­le Gross­pro­jek­te, wel­che über den Kan­ton ausstrah­len», fehle im Kan­ton das Geld.

Die ig­Kul­tur Ost un­ter­stützt das An­lie­gen. Ein kan­to­na­les Kul­tur­pro­zent bie­tet die Chan­ce, als Kan­ton mit­zu­hal­ten im ge­sell­schaft­li­chen Um­bruch.

Zum einen ist die Sto­ss­rich­tung grund­sätz­lich: Der Kul­tur kommt in jedem Wan­del eine wich­ti­ge Rolle zu. Sie ist In­no­va­ti­ons­mo­tor, Ex­pe­ri­men­tier­feld, Vor­rei­te­rin und Iden­ti­täts­s­tif­te­rin. Und: Die ge­sell­schaft­li­che Re­le­vanz von Kul­tur war noch nie so hoch wie hier und jetzt. Die so­ge­nann­ten Gi­ga­the­men, wie Di­gi­ta­li­sie­rung, Di­ver­si­tät und auch die Kli­ma­kri­se, for­dern un­se­re Zu­kunfts­fähig­keit her­aus. Für diese ge­stei­ger­ten An­for­de­run­gen sind zu­sätz­li­che Mit­tel un­um­gäng­lich. Kul­tur­in­sti­tu­ti­o­nen wie Kul­tur­schaf­fen­de be­nöti­gen Res­sour­cen für die Qua­li­fi­zie­rung kul­tu­rel­ler In­fra­s­truk­tur in Rich­tung Trans­for­ma­ti­ons­kom­pe­tenz.

Zum an­dern geht es, wie in der Mo­ti­on ge­nannt, ganz kon­kret um die Ver­bes­se­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen für Kul­tur­schaf­fen­de. Ihre wich­ti­ge ge­sell­schaft­li­che Rolle kön­nen Kul­tur­schaf­fen­de nur aus­ü­ben, wenn das Geld fürs Leben und Ar­bei­ten reicht. Heute wird an Pro­jek­te und an Kul­tur­in­sti­tu­ti­o­nen zu Recht der An­spruch ge­stellt, bran­chen­üb­li­che Ho­no­ra­re und die so­zi­a­le Ab­si­che­rung zu ge­währ­leis­ten. Diese not­wen­di­ge Bes­ser­stel­lung ist nicht gra­tis zu haben.

Ein Kul­tur­pro­zent, wie es die Mo­ti­on for­dert, er­mög­licht also nicht pri­mär mehr In­hal­te, son­dern stärkt die Re­si­li­enz des Kul­tur­sek­tors und schafft die Vor­aus­set­zun­gen, dass er seine viel­fäl­ti­gen ge­sell­schaft­li­chen Auf­ga­ben mit vol­ler Kraft wahr­neh­men kann.

Das lohnt sich auch ge­samt­wirt­schaft­lich. Denn jeder Fran­ken, der in den Kul­tur­sek­tor in­ves­tiert wird, er­zeugt di­rekt, über Se­kun­där- und Spil­l­over-Ef­fek­te eine Wert­schöp­fung von zwei oder mehr Fran­ken. Der Kul­tur­sek­tor er­wirt­schaf­tet über 2 % des BIP der Schweiz, schafft Ar­beits­plät­ze und hat dar­ü­ber hin­aus eine grund­le­gen­de Be­deu­tung für die Ent­wick­lung des In­di­vi­du­ums und für den Zu­sam­men­halt der Ge­sell­schaft.

Ge­mäss jüngs­ten In­for­ma­ti­o­nen gibt der Kan­ton St.Gal­len in den nächs­ten Jah­ren 254 Mil­li­o­nen Fran­ken al­lein für eine neue Steu­er-IT aus. Und er leis­tet sich ein mil­li­o­nen­schwe­res Pla­nungs­de­ba­kel für den neuen Uni-Cam­pus. Mit einer Mil­li­ar­de Ei­gen­ka­pi­tal steht der Kan­ton fi­nan­zi­ell kern­ge­sund da. Bei den Kul­tur­aus­ga­ben pro Kopf der Be­völ­ke­rung fin­det er sich hin­ge­gen im letz­ten Drit­tel der Schwei­zer Kan­to­ne.

Die ig­Kul­tur Ost ist ü­ber­zeugt: Mehr kul­tu­rel­ler Ehr­geiz stän­de St.Gal­len (und ü­b­ri­gens auch den an­de­ren Ost­schwei­zer Kan­to­nen) gut an. Ein Kul­tur­pro­zent wäre ein star­kes Si­gnal an die Kul­tur­schaf­fen­den, an die Be­völ­ke­rung und an die Rest­schweiz.

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